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Korrespondenz

NAGELMYKOSEN: LACKE MIT CICLOPIROX UND AMOROLFIN IM VERGLEICH

In Ihrer Übersicht aus dem Jahr 1999 zur Behandlung von Nagelmykosen weisen Sie darauf hin, dass es kaum klinische Daten zur lokalen Therapie gibt. Gilt das heute auch noch? Die Firma Taurus Pharma weist in einem Schreiben auf Studien mit Ciclopirox und Amorolfin hin. Ist nach Ihren Erkenntnissen Ciclopirox-Nagellack dem Amorolfin-Lack überlegen?

J. WARNECKE (Apotheker)
D-90461 Nürnberg
Interessenkonflikt: keiner

Pilzinfektionen der Nägel, meist hervorgerufen durch Dermatophyten (zum Beispiel Trychophyton rubrum), äußern sich als Verdickung des Nagelbettes, Verfärbung (Dyschromasie), Verformung (Dystrophie) und Ablösung der Nagelplatte vom Nagelbett (Onycholyse). Eine lokale Behandlung mit antimykotisch wirkendem Nagellack hat gegenüber einer systemischen Therapie (z.B. mit Terbinafin [LAMISIL, Generika]) den Vorteil fehlender systemischer Störwirkungen bei allerdings niedrigeren Heilungsraten (a-t 1999; Nr. 3: 31-2).

Seit 2009 ist neben Amorolfin- (LOCERYL, Generika) und herkömmlichem Ciclopirox-Nagellack (NAGEL BATRAFEN, CICLOPIROX WINTHROP) ein wasserlöslicher Ciclopirox-haltiger Nagellack (CICLOPOLI gegen Nagelpilz) auf dem Markt, bezogen auf Packungen mit 6 g 22% preiswerter als der herkömmliche Ciclopirox-Lack. Der Hersteller Taurus Pharma stellt als Vorteile ein rasches und tiefes Eindringen des Wirkstoffes in den Nagel und bequemere Anwendung (einfaches Abwaschen der Lackreste) heraus.1 Das im Leserbrief angesprochene Schreiben der Firma2 suggeriert zudem eine Überlegenheit des neuen Produktes gegenüber konventionellem Ciclopirox-Lack und im indirekten Vergleich bessere Wirksamkeit als Amorolfin. Verwiesen wird dabei auf die randomisierte, einfach blind durchgeführte Zulassungsstudie,3 in der 467 Patienten mit Nagelmykose zumindest einer Großzehe randomisiert entweder den wasserlöslichen Lack, einen herkömmlichen Ciclopirox-Lack oder Plazebo (Trägermedium) 48 Wochen lang täglich anwenden. Vollständige Heilung, definiert als mikrobiologische Sanierung plus klinisch vollständig gesunder Nagel in Woche 48 mit Bestätigung in Woche 52 (primärer Endpunkt), erreichen unter dem wasserlöslichen Lack 5,7%, unter dem Referenzlack 3,2% und unter Plazebo 0%. Das prädefinierte Kriterium der Nichtunterlegenheit gegenüber dem Referenzlack wird erreicht, gegenüber Plazebo statistische Überlegenheit demonstriert. Ein als sekundärer Endpunkt definiertes "Ansprechen" (mikrobiologische Heilung plus Verkleinerung der erkrankten Nageloberfläche unter 10%) wird mit wasserlöslichem Lack bei 24%, mit der Referenz bei 17%, und mit Plazebo bei 6% erzielt. Der Unterschied zum Referenzlack ist nicht signifikant.3

Die in dem Firmenschreiben und von den Studienautoren betonte Überlegenheit des wasserlöslichen Lacks gegenüber dem Referenzlack in Woche 60 ist hingegen ohne Beweiskraft. Eine Auswertung zu diesem Zeitpunkt wurde nicht prädefiniert, sondern ist offensichtlich post hoc in die Analyse eingeflossen. Zudem gehen nur 388 (83%) der 467 randomisierten Patienten in diese Auswertung ein, und die absoluten Erfolgsraten sind auch nach 60 Wochen gering: vollständige Heilung beim wasserlöslichen Lack 12,7%, beim Referenzlack 5,8%. Hieraus errechnet sich der von Firma und Studienautoren herausgestellte relative Vorteil von 119%.2,3 Bis zu 11% der Patienten geben lokale Störwirkungen wie Rötung, Brennen oder Jucken an, ohne eindeutige Häufung unter Verum.3

Die ebenfalls in dem Schreiben von Taurus Pharma erwähnte verumkontrollierte Studie, in der Amorolfin-Lack mit lokalem Terbinafin* verglichen wird,4 ergibt unter beiden Verfahren nach 48 Wochen eine komplette Heilung von nur etwa 1%. Auf eine Überlegenheit der Ciclopiroxprodukte gegenüber Amorolfin kann aufgrund des indirekten Vergleiches nicht geschlossen werden. Die Studien unterscheiden sich deutlich: So ist in der Arbeit mit Ciclopirox auch unter Plazebo bei 70% der Patienten die Pilzkultur nach 48 Wochen negativ.3 In dem Vergleich zwischen Amorolfin und Terbinafin liegt die mykologische Heilung in beiden Gruppen bei lediglich 15% bis 16%.4

In beiden Arbeiten sind die Erfolgsraten niedriger als die für Lacke üblicherweise angegebenen Heilungsraten um 30%.5 Die topische Behandlung wird wegen geringer Erfolgsaussichten nur bei Nagelbefall von weniger als 50% der Nagelplatte empfohlen.6 Dies dürfte in beiden Untersuchungen von vielen Patienten überschritten worden sein: In der Ciclopirox-Studie waren durchschnittlich 44% des Nagelbetts befallen,3 im Vergleich Amorolfin versus Terbinafin bei 73% mehr als 40% des Nagels.4 Erfolgsraten in Abhängigkeit vom Ausmaß des Befalls werden nicht präsentiert.

∎  Die langwierige lokale Behandlung mit antimykotischem Nagellack führt nur bei einem kleinen Teil der Anwender zu vollständiger Ausheilung innerhalb eines Jahres.

∎  Direktvergleiche zwischen den in Deutschland im Handel befindlichen Lacken mit Amorolfin (LOCERYL, Generika) bzw. Ciclopirox (wasserunlöslich: z.B. NAGEL BATRAFEN, wasserlöslich: CICLOPOLI gegen Nagelpilz) fehlen.

∎  Wasserlöslicher Ciclopirox-haltiger Lack hat Vorteile in der Anwendung. Eine bessere Heilungsrate im Vergleich zu herkömmlichem Ciclopirox-Lack oder Amorolfin ist für das Produkt jedoch nicht belegt.

  (R =randomisierte Studie)
1 http://www.tauruspharma.de/produkte/ciclopoli-nagellack/
2 Taurus Pharma: Klinische Studien zu Nagellacken gegen Nagelpilz, Schreiben vom 3. Mai 2012
R  3 BARAN, R. et al.: J. Eur. Acad. Dermatol. Venereol. 2009; 23: 773-81
R  4 ELEWSKI, B.E. et al.: J. Eur. Acad. Dermatol. Venereol. 2011; doi: 10.1111/j.1468-3083.2011.04373.x., epub 20. Dez. 2011
5 Prescrire Int. 2009; 18: 26-30
6 SEEBACHER, C. et al.: Mycoses 2007; 50: 321-7

* Hierzulande nicht zur Therapie von Nagelmykosen im Handel.

© 2012 arznei-telegramm, publiziert am 12. Oktober 2012

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