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Kurz und bündig

Insulin glargin (LANTUS) in ORIGIN*-Studie - kein Nutzen und kein Beleg für Sicherheit

Der Versuch, die erhöhte kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität bei Typ-2-Diabetes durch normnahe Blutzuckereinstellung zu mindern, blieb in mehreren randomisierten Studien, die in den vergangenen Jahren publiziert wurden, ohne Erfolg (a-t 2008; 39: 73-6 und 2009; 40: 4, 13). Aktuell wird mit der ORIGIN-Studie zu Insulin glargin (LANTUS) erneut eine entsprechende Negativstudie veröffentlicht: 12.537 im Mittel 64 Jahre alte Patienten mit Typ-2-Diabetes, gestörtem Nüchternblutzucker oder gestörter Glukosetoleranz und erhöhtem kardiovaskulären Risiko, beispielsweise wegen Herzinfarkt in der Vorgeschichte, nehmen daran teil. Die abendliche Injektion von Insulin glargin als Zusatz zur bisherigen Therapie mit dem Ziel eines normnahen Nüchternblutzuckers senkt im Vergleich zu einer Standardtherapie nach zwei Jahren die Nüchternglukose von eingangs 125 mg/dl auf 90 mg/dl versus 119 mg/dl und das HbA1c von eingangs 6,4% auf 6,0% vs. 6,3% (Medianwerte). Sie hat im Verlauf von sechs Jahren jedoch keinen Effekt auf die Rate der Herzinfarkte, Schlaganfälle oder kardiovaskulär bedingten Todesfälle (erster primärer Kombinationsendpunkt: 16,6% versus 16,1%; Hazard Ratio [HR] 1,02; 95% Vertrauensbereich [CI] 0,94-1,11), auf einen zweiten primären Kombinationsendpunkt, in dem zusätzlich Revaskularisationen und Klinikeinweisungen wegen Herzinsuffizienz erfasst werden (28,6% vs. 27,5%; HR 1,04; 95% CI 0,97-1,11), sowie auf die Einzelkomponenten der Endpunkte oder die Sterblichkeit (15,2% vs. 15,4%).** Wie in den anderen Studien geht die intensivere Blutzuckersenkung auch in ORIGIN mit deutlicher Zunahme von Hypoglykämien und Körpergewicht einher. Jeder zweite Patient erleidet unter Glargin mindestens eine symptomatische Hypoglykämie, im Median einmal pro Jahr, unter Standardtherapie betrifft dies jeden vierten und im Median alle zwei Jahre. Schwere Hypoglykämien sind unter Glargin ebenfalls signifikant häufiger (5,7% vs. 1,8%). Das Körpergewicht liegt in der Prüfgruppe bei Studienende im Median 2 kg über dem der Kontrollgruppe (ORIGIN-Trial Investigators: N. Engl. J. Med., online publ. am 11. Juni 2012). Vor diesem Hintergrund bleibt auch die 5%ige Senkung der Diabetesinzidenz in der Subgruppe ohne Diabetes zu Studienbeginn (sekundärer Endpunkt) ohne klinische Relevanz. Trotz der enttäuschenden Ergebnisse wird die ORIGIN-Studie von Studienleiter und Hersteller als großer Erfolg gefeiert: Endlich sei der Verdacht ausgeräumt, die Langzeittherapie mit Insulin würde das Herz-Kreislauf-System schädigen (ati/d). Nur: Dies war nicht die Studienhypothese, und wenn ein solcher Verdacht ernsthaft bestanden hätte, hätte die Studie unseres Erachtens bei Patienten ohne Diabetes gar nicht durchgeführt werden dürfen. Auch im Hinblick auf die potenzielle Kanzerogenität (vgl. a-t 2009; 40: 67-8) soll die Studie die Sicherheit von Glargin belegen. Auf die Krebshäufigkeit (jeweils 7,6%) war die Studie jedoch nicht angelegt. Karzinome wurden unter den unerwünschten Wirkungen und somit nicht systematisch erfasst. Besonders in einer offenen Studie wie ORIGIN ist daher mit Verzerrung zu rechnen. Wir raten weiterhin von Insulin glargin ab, -Red.

* ORIGIN = Outcome Reduction with an Initial Glargine Intervention
** Parallel wurden in ORIGIN Omega-3-Fettsäuren (vgl. a-t 2010; 41: 19-23) geprüft, ebenfalls ohne Nutzen.

© 2012 arznei-telegramm, publiziert am 6. Juli 2012

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