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Korrespondenz

UMCKALOABO: NEBENWIRKUNGSBERICHTE HINFÄLLIG?

Im Deutschen Ärzteblatt vom 13. April 2012 steht, dass die Meldungen über mögliche Leberschäden nach Einnahme von Pelargoniumextrakt (UMCKALOABO) hinfällig seien. Wie ist das zu beurteilen?

Dr. med. U. BERNHOFER-SCHIED (Fachärztin f. Innere Medizin)
D-82223 Eichenau
Interessenkonflikt: keiner

Im Deutschen Ärzteblatt heißt es wörtlich: "Meldungen über mögliche Leberschäden nach Einnahme des Phytotherapeutikums UMCKALOABO (Spitzner-Arzneimittel) im Herbst 2011* sind nach der Analyse aller (Hervorhebung durch Red.) Spontanmeldungen hinfällig".1 Der Kurzbeitrag geht auf eine im Februar 2012 veröffentlichte Arbeit zurück, in der die Kausalität bei keiner der untersuchten 15 Verdachtsmeldungen über Leberschäden in Verbindung mit dem Pelargoniumextrakt UMCKALOABO als "wahrscheinlich" bewertet wird. Bei 3 der Berichte wird sie jedoch als "möglich" klassifiziert.2 Ergänzende Informationen zu den zum Teil detailarmen Verdachtsberichten, die sie vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) nicht erhalten konnten, bekamen die Autoren vom Anbieter des Extraktes. Einen Interessenkonflikt verneinen sie.2

Bis Januar 2012 lagen dem BfArM insgesamt 30 Berichte zu leberspezifischen unerwünschten Wirkungen von Pelargonium vor, darunter Hepatitiden (n = 11) und Ikterus (n = 8). Mitarbeiter des BfArM veröffentlichten im März 2012 histologische Biopsiebefunde von sechs der Patienten mit Hepatitis, von denen fünf auch in der anderen Veröffentlichung berücksichtigt werden, und bewerten den Kausalzusammenhang als möglich oder wahrscheinlich.3

Beide Arbeitsgruppen stützen sich bei ihrer Beurteilung der Kausalität auf verschiedene Bewertungsskalen und kommen dabei zu widersprüchlichen Ergebnissen. Ohnehin ermöglichen Spontanberichte unerwünschter Wirkungen meist keine zuverlässige Einschätzung der Kausalität. Sie geben aber Hinweise auf Auffälligkeiten ("Signale"), die ggf. durch systematische Studien abzuklären sind. Die BfArM-Autoren erinnern zudem daran, dass von einer Dunkelziffer nicht berichteter Ereignisse auszugehen ist.3

Die im Deutschen Ärzteblatt publizierte Entwarnung beruht somit weder auf einer "Analyse aller Spontanmeldungen" noch spiegelt sie den Stand der Diskussion wider. Die Entwarnung steht unter der Rubrikenüberschrift "PHARMA". Auf Anfrage teilt uns die Zeitschrift mit, dass es sich um einen redaktionellen Beitrag handelt, nicht um Werbung.5 Zur Risikobeurteilung ist der PHARMA-Text nicht hilfreich, allenfalls trägt er zur Desinformation bei, -Red.

1 "Phytotherapeutikum UMCKALOABO nicht hepatotoxisch", Mitteilung in der Rubrik PHARMA, Dt. Ärztebl. 2012; 109(15): A 773
2 TESCHKE, R. et al.: Regul. Toxicol. Pharmacol. 2012; 63, online publiziert am 21. Febr. 2012
3 FRIEMEL, A., SACHS, B.: Bull. Arzneimittelsich. 1/2012: 6-7
4 BfArM: Schreiben vom 25. Mai 2012
5 ZYLKA-MENHORN, V.: E-Mail vom 22. Mai 2012

* Bis Mitte November ("Herbst 2011") lagen dem BfArM 23 Verdachtsberichte zu Leberschäden in Verbindung mit Pelargoniumextrakt vor.4

© 2012 arznei-telegramm, publiziert am 1. Juni 2012

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