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Kurz und bündig

Regresse wegen fiktiv zugelassener Arzneimittel

Eigentlich sollte die Nachzulassung der so genannten fiktiv zugelassenen Arzneimittel, die bereits vor Inkrafttreten des Arzneimittelgesetzes (AMG) von 1976 auf dem Markt waren, seit Jahrzehnten abgeschlossen sein. Das damalige Bundesgesundheitsamt (heute Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte [BfArM]) sollte die Altarzneimittel prüfen und, sofern diese den Ansprüchen des AMG genügen, offiziell zulassen. Dieses Verfahren sollte ursprünglich 1990 beendet sein (a-t 1998; Nr. 12: 109-10). Durch Fristverlängerungen und Klagen von Firmen verschob sich der Zeitpunkt immer wieder, sodass die Nachzulassungen noch nicht einmal – wie vom BfArM 2004 angekündigt – „bis Ende 2005 abgeschlossen” werden konnten (BfArM: Pressemitteilung vom 9. Jan. 2004; http://www.bfarm.de/DE/BfArM/Presse/mitteil 2004/pm01-2004.html?nn=1009632). Präparate ohne Nachzulassungsantrag durften letztlich bis Ende 2004 vertrieben werden und Präparate mit beantragter Nachzulassung sind teilweise immer noch im Verfahren. Dies hatte und hat Folgen: Bereits 1999 berichteten wir, dass Krankenkassen sich weigern, Kosten für fiktiv zugelassene – also verkehrsfähige – Arzneimittel zu übernehmen (a-t 1999; Nr. 1: 19). In jüngster Zeit stellen nun einige Kassen Regressanträge. Im Brennpunkt stehen dabei Präparate wie AHP (Oxaceprol; a-t 1996; Nr. 11: 113-4) und PENTALONG (Pentaerythrityltetranitrat; a-t 2007; 38: 77-8). Nach einem Urteil des Bundessozialgerichts vom 6. Mai 2009 sind Regressansprüche gegenüber einem Arzt, der 2001 das damals fiktiv zugelassene WOBE MUGOS E verordnet hat, rechtens (Aktenzeichen B 6 KA 3/ 08 R). Das BfArM hatte 1998 die Nachzulassung von WOBE MUGOS E abgelehnt. Wegen Klage des Anbieters galt es in den Jahren danach jedoch weiterhin als verkehrsfähig. Erst seit 2005 ist es nicht mehr im Handel (a-t 2005; 36: 83-4). Das Problem, dass Arzt- und Apothekensoftware den Zulassungsstatus eines Arzneimittels nicht abbilden, scheint für die Urteilsfindung – und für potenzielle Regressforderungen – keine Rolle zu spielen. Laut Bundessozialgericht kommt es im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsprüfung nicht auf ein Verschulden an. Als Hilfestellung machen Kassenärztliche Vereinigungen Listen fiktiv zugelassener Arzneimittel zugänglich (z.B. KV Nordrhein: Verordnungsinfo Nordrhein Febr. 2012; http://www.kvno.de/downloads/newsletter/vin/ VIN_02_2012.pdf), die jedoch zum Teil überholt sind. Das BfArM kann keine aktuelle Aufstellung bieten (BfArM: Schreiben vom 29. März 2012). Wir haben die Liste des Bundesministerium für Gesundheit vom 30. Juni 2011 auf den aktuellen Stand gebracht und nennen Alternativen (siehe Tabelle) – wo immer dies möglich und sinnvoll ist. Manche Präparate erachten wir – trotz der verkaufsverlängernden Nachzulassungsbemühungen – als überholt, beispielsweise die Kombinationen ICHTHOSEPTAL oder TETRA-GELOMYRTOL sowie parenterales Pentoxifyllin (TRENTAL). Der Nutzen anderer Mittel, wie Azetazolamid (DIAMOX) oder Hydrokortison (HYDROCORTISON-POS N) dürfte hingegen nach Stand der Wissenschaft belegt sein, –Red.

© 2012 arznei-telegramm, publiziert am 5. April 2012

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