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Nebenwirkungen

EFALIZUMAB (RAPTIVA): PROGRESSIVE MULTIFOKALE LEUKOENZEPHALOPATHIE

Die Firma Genentech informiert US-amerikanische Ärzte über einen zweiten Todesfall an progressiver multifokaler Leukoenzephalopathie (PML) unter dem systemischen Antipsoriatikum Efalizumab (RAPTIVA; a-t 2005; 36: 35-6, 41).1,2 Erst einen Monat zuvor wurde der erste Fall einer PML bekannt.3 Der Hersteller hält es nun für "wahrscheinlich", dass der monoklonale Antikörper das Risiko der oft tödlich verlaufenden opportunistischen viralen Hirninfektion erhöht. Besonders gefährdet könnten ältere Personen sein, die Efalizumab längere Zeit anwenden: Beide Betroffenen waren 70 bzw. 73 Jahre alt und hatten das Mittel etwa vier Jahre lang wegen chronischer Plaque-Psoriasis regelmäßig subkutan gespritzt. Andere Immunsuppressiva wurden nicht verwendet.1,2 Ein weiterer Verdachtsbericht über PML betrifft einen 62-Jährigen, der nach mehr als dreijähriger Anwendung von Efalizumab progressive neurologische Symptome entwickelt und aus unbekannter Ursache verstirbt, ohne dass zuvor diagnostische Tests einschließlich einer Lumbalpunktion durchgeführt wurden.2 PML wird auch unter den humanisierten Antikörpern Natalizumab (TYSABRI; a-t 2006; 37: 69-71) und Rituximab (MABTHERA) beobachtet.

Efalizumab unterdrückt das Immunsystem und kann daher das Risiko schwerer Infektionen und maligner Erkrankungen erhöhen. In den USA wird aufgrund von Erkenntnissen aus der Postmarketingüberwachung seit Oktober 2008 in einer so genannten Boxed Warning, der schärfsten Form eines Warnhinweises, über lebensbedrohliche Infektionen einschließlich bakterieller Sepsis, viraler Meningitis, invasiven Pilzerkrankungen und PML informiert. Anwender sollen die Zeichen aller potenziell bedrohlichen Störwirkungen kennen und bei ersten Anzeichen unverzüglich einen Arzt aufsuchen.4 Nach Bekanntwerden der zweiten PML-Erkrankung rät Genentech zudem allen Patienten, mit ihren behandelnden Ärzten nochmals Nutzen und Risiken der Behandlung mit Efalizumab abzuwägen.1 Der Antikörper darf jedoch nur unter engmaschiger ärztlicher Überwachung abgesetzt werden, da schwere Exazerbationen der Psoriasis einschließlich Erythrodermie und pustulösen Formen vorkommen können.5 Hierzulande hat Merck Serono bislang nur über eine PML-Erkrankung informiert. Anwender "müssen" jetzt regelmäßig neurologisch untersucht und Efalizumab bei Verdacht auf PML abgesetzt werden.6

Neu aufgenommen in die US-amerikanische Produktinformation wurden auch tierexperimentelle Daten aus Studien mit jungen Mäusen, die in ihrem Alter etwa 1- bis 14-jährigen Menschen entsprechen sollen. Wiederholte Anwendung des Antikörpers könnte das Immunsystem in dieser Altersgruppe demnach dauerhaft unterdrücken.4 Die Formulierung in der deutschen Fachinformation, dass Efalizumab für unter 18-Jährige "nicht empfohlen [wird] aufgrund des Fehlens von Daten zur Unbedenklichkeit und Wirksamkeit",5 gibt den Kenntnisstand nur unzureichend wieder, -Red.

 1Genentech (USA): Pressemitteilung vom 17. Nov. 2008;
http://www.gene.com/gene/news/press-releases/display.do?method=detail&id=11667
 2Genentech (USA): Dear Healthcare Professional letter, Nov. 2008;
http://www.gene.com/gene/products/information/pdf/raptiva_dhcp_pml2.pdf
 3Genentech (USA): Pressemitteilung vom 2. Okt. 2008;
http://www.gene.com/gene/news/press-releases/display.do?method=detail&id=11487
 4FDA News vom 16. Okt. 2008
http://www.fda.gov/bbs/topics/NEWS/2008/NEW01905.html
 5Merck Serono: Fachinformation RAPTIVA, Stand Sept. 2008
 6Merck Serono: Schreiben an Ärzte, Nov. 2008
http://www.akdae.de/20/55/20081104.pdf

© 2008 arznei-telegramm, publiziert am 1. Dezember 2008

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