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Hormontherapie nach den Wechseljahren - Hinweis auf erhöhtes Krebsrisiko auch nach Absetzen

Die große randomisierte WHI*-Studie zu Nutzen und Risiken der postmenopausalen Hormontherapie wurde 2002 wegen eines erhöhten Risikos von invasivem Brustkrebs unter konjugierten Östrogenen plus Medroxyprogesteronazetat (CLIMOPAX u.a.) sowie wegen der Gesamtrate der schwerwiegenden Schädigungen unter den Hormonen, die ihren Nutzen deutlich übersteigt, vorzeitig gestoppt (a-t 2002; 33: 81-3). Den Teilnehmerinnen wurde Absetzen der Studienmedikation empfohlen, die Nachbeobachtung einschließlich der jährlichen Mammographien aber bis zum ursprünglich geplanten Studienende im März 2005 fortgesetzt. Jetzt legen die Autoren die Ergebnisse zum Verlauf in dieser "Postinterventionsphase" vor. Von den überlebenden der ursprünglich 16.608 randomisierten Frauen konnten bis März 2005 98% nachbeobachtet werden. Das unter der Hormoneinnahme erhöhte Risiko von Herzinfarkt, Schlaganfall und Thromboembolie gleicht sich innerhalb von durchschnittlich zweieinhalb Jahren nach Absetzen dem in der Plazebogruppe an (Hazard Ratio [HR] für alle kardiovaskulären Erkrankungen 1,04, 95% Vertrauensbereich [CI] 0,89-1,21). Dies gilt auch für das unter Hormonen erniedrigte Hüftfrakturrisiko, das sich jetzt ebenfalls dem in der Plazebogruppe angleicht (HR 0,92; 95% CI 0,64-1,34). Das Brustkrebsrisiko bleibt demgegenüber erhöht, wenngleich nicht signifikant und - nach unveröffentlichten Daten - mit abnehmender Tendenz (HR 1,27; 95% CI 0,91-1,78). Den rasch einsetzenden Rückgang der Brustkrebs-Inzidenz, wie er in den USA und auch in Deutschland nach dem Stopp der WHI-Studie parallel zu den sinkenden Hormonverordnungen beobachtet wurde (a-t 2007; 38: 65-8), kann die Nachauswertung der WHI-Studie somit nicht bestätigen. Das Krebsrisiko insgesamt ist in der Phase nach Absetzen bei den vormaligen Hormonanwenderinnen signifikant erhöht (HR 1,24; 95% CI 1,04-1,48). Auch wird eine numerisch erhöhte Krebssterblichkeit beobachtet (101 versus 69 Frauen), wobei besonders eine erhöhte Lungenkrebssterblichkeit auffällt (33 vs. 15 Frauen). Die Ergebnisse können durch Zufall, durch unterschiedliches Verhalten der "entblindeten" Frauen (zum Beispiel Wahrnehmung von Früherkennungsuntersuchungen) oder auch durch das Absetzen der Hormone selbst (mit) bedingt sein. Aufgrund der zeitlichen Verläufe der Risiken sowie aufgrund der Tatsache, dass vor allem Krebsneuerkrankungen und Krebstodesfälle zu der ungünstigen Nutzen-Schaden-Bilanz in der Postinterventionsphase beitragen, erachten die Autoren sie am ehesten als kumulative oder verzögerte Effekte der Hormontherapie. Hinweise auf eine mögliche Hormonabhängigkeit der Überlebenschance bei Lungenkrebs (erhöhte Lungenkrebssterblichkeit von Frauen im Vergleich mit Männern oder unter menopausaler Hormoneinnahme) ergeben sich auch aus anderen Arbeiten (HEISS, G. et al.: JAMA 2008; 299: 1036-45).

* WHI = Women's Health Initiative

© 2008 arznei-telegramm, publiziert am 18. April 2008

Autor: Redaktion arznei-telegramm - Wer wir sind und wie wir arbeiten

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