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Kurz und bündig

Österreich - HPV-Impfung nicht in kostenloses Impfprogramm aufgenommen

In Österreich wird die Impfung gegen humane Papillomviren (HPV; GARDASIL, CERVARIX) nicht in das kostenlose Impfprogramm aufgenommen. Stattdessen soll das Zervixkarzinomscreening verbessert werden (Der Standard vom 28. Jan. 2008). Die österreichische Gesundheitsministerin verweist in diesem Zusammenhang auf einen aktuellen HTA-Bericht, in dem klinische Langzeiteffektivität und Kosteneffektivität der Impfung zusätzlich zum Screening im Vergleich zur Früherkennung ohne Impfung für Österreich analysiert werden. Da das System des Screenings auf Gebärmutterhalskrebs (opportunistisches Screening mit jährlichen Abstrichuntersuchungen; vgl. Seite 29) und auch die Erkrankungs- und Mortalitätsraten in Deutschland und Österreich vergleichbar sind, dürften die Ergebnisse zum langfristigen Nutzen zumindest einen Anhalt dafür bieten, was wir hierzulande erwarten können. Demnach senkt die HPV-Impfung zwölfjähriger Mädchen (65% Durchimpfungsrate, eine Auffrischung, Wirksamkeit der Impfung gegenüber persistierenden Infektionen 90%) zusätzlich zum Screening die Zahl der Neuerkrankungen an Gebärmutterhalskrebs bis zum Jahr 2060 durchschnittlich um 9% und die der dadurch bedingten Todesfälle um 11%. Dabei werden in den ersten 20 Jahren nur eine 4%ige Reduktion der Inzidenz und eine 6%ige Verringerung der Mortalität erwartet, während der Nutzen im Jahr 2060 mit 25% weniger Neuerkrankungen und 30% weniger Todesfällen ausgeprägter sein soll. Selbst unter maximal optimistischen Annahmen (100% Wirksamkeit, 85% Teilnahme, lebenslanger Schutz und daher keine Auffrischung) werden innerhalb von 52 Jahren nur 10% weniger Neuerkrankungen und 13% weniger Todesfälle an Gebärmutterhalskrebs vorhergesagt. Die Prognose liegt deutlich unter der vielfach erwarteten 70%igen Reduktion von Zervixkarzinomen, die auf der Annahme basiert, dass die Impfung die HPV-Typen 16 und 18 eliminiert, die in 70% der Karzinome des Gebärmutterhalses nachgewiesen wurden. Begründet wird dies unter anderem mit der Virusdynamik sowie damit, dass selbst nach 52 Jahren der volle Effekt der Impfung noch nicht erreicht ist. Die Impfkosten werden durch potenzielle Einsparungen nur zum Teil kompensiert (ZECHMEISTER, I. et al.: Ökonomische Evaluation der HPV-Impfung in Österreich; HTA-Bericht 009; Dez. 2007; http://eprints.hta.lbg.ac.at/760/2/HTA-Projektbericht_009.pdf). Angesichts der vielen offenen Fragen fordert das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten ECDC, bei Einführung der HPV-Impfung zumindest Daten zu Durchimpfungsraten, Störwirkungen und zum Einfluss auf Präkanzerosen systematisch zu erfassen (ECDC: Guidance for the introduction of HPV vaccines in the EU countries; Jan. 2008; http://www.ecdc.europa.eu/ pdf/HPV_report.pdf). Im Paul-Ehrlich-Institut (PEI) will man jedoch von Registern, wie sie beispielsweise in skandinavischen Ländern existieren, nichts wissen: "Das entspricht nicht der freiheitlichen Grundordnung, wie wir sie hier in der Bundesrepublik haben", kommentiert der Präsident des PEI, Prof. LÖWER (LÖWER, J.: zit. nach Monitor [ARD] vom 21. Febr. 2008).

© 2008 arznei-telegramm, publiziert am 14. März 2008

Autor: Redaktion arznei-telegramm - Wer wir sind und wie wir arbeiten

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