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Nebenwirkungen

ZUM HÜFTFRAKTURRISIKO UNTER PROTONENPUMPENHEMMERN

Langzeitanwendung von Protonenpumpenhemmern wie Omeprazol (ANTRA u.a.) erhöht möglicherweise das Risiko einer Hüftfraktur. Nach einer Ende 2006 publizierten Fallkontrollstudie steigt die Gefährdung bei mindestens 50-jährigen Patienten nach mehr als einjähriger Einnahme im Vergleich mit Nichtanwendung von Säureblockern auf das 1,44-fache* (95% Vertrauensbereich [CI] 1,30-1,59). Der Effekt scheint mit zunehmender Dauer stärker zu werden: Das relative Risiko steigt von 1,22 (95% CI 1,15-1,30) nach einem Jahr auf 1,59 (95% CI 1,39-1,80) nach vier Jahren. Er ist zudem dosisabhängig. Unter mehr als einjähriger hochdosierter** Einnahme beträgt das relative Risiko 2,65 (95% CI 1,80-3,90). Die Studie beruht auf der Forschungsdatenbank britischer Allgemeinmediziner, quasi einer elektronischen Version von Krankenakten. Die Autoren können daher auf umfassende Diagnose- und Verordnungsdaten zurückgreifen und sind nicht auf anamnestische Erhebungen angewiesen. 1,8 Millionen Patienten bilden die Studienpopulation, darunter mehr als 13.000 Patienten mit Hüftfraktur.1

*

Umfassend adjustiert nach anderen Risikofaktoren für Hüftfrakturen.

**

Meist täglich 40 mg Omeprazol.

Bei mäßigen Risikoanstiegen wie dem hier gefundenen von 44% lässt sich in Beobachtungsstudien nach allgemeiner Einschätzung eine mögliche unerwünschte Arzneimittelwirkung von einem allein durch Verzerrung bedingten Effekt nicht sicher unterscheiden.3 Die Zunahme des Effekts mit zunehmender Dauer und Dosis bekräftigt jedoch den Verdacht auf einen ursächlichen Zusammenhang mit den Protonenpumpenhemmern. Dies gilt insbesondere für den deutlichen Risikoanstieg unter hohen Dosierungen. Die Ergebnisse werden zudem durch eine ebenfalls 2006 publizierte dänische Fallkontrollstudie gestützt. Hier steigt das relative Hüftfrakturrisiko unter Protonenpumpenhemmern auf 1,45 (95% CI 1,28-1,65). Ein Zusammenhang mit Dauer oder Dosis wird jedoch nicht beobachtet.4 Als Wirkmechanismus diskutieren die britischen Autoren eine durch die Säuresuppression bedingte verminderte Kalziumaufnahme.1

Die Indikation für die Langzeittherapie mit Protonenpumpenhemmern ist somit auch vor dem Hintergrund des begründeten Verdachts auf erhöhtes Hüftfrakturrisiko streng zu stellen. Langzeiteinnahme hoher Dosierungen ist bis auf begründete Ausnahmen (z.B. ZOLLINGER-ELLISON-Syndrom) zu vermeiden. Die Ulkusprävention mit Protonenpumpenhemmern unter Einnahme nichtsteroidaler Antirheumatika soll sich auf Risikopatienten beschränken. Dabei ist eine Dosis von täglich 20 mg Omeprazol Standard. Nach Absetzen einer erfolgreichen vier- bis achtwöchigen. Akuttherapie mit Protonenpumpenhemmern bei gastroösophagealer Refluxkrankheit mit oder ohne Ösophagitis wird die Mehrzahl der Patienten innerhalb eines Jahres ein Rezidiv erleiden.5 Sie benötigen daher eine Form der Langzeittherapie. Die Intensität der Therapie kann aber symptomabhängig angepasst werden. Für Patienten ohne Ösophagitis scheint uns die bedarfsweise Anwendung der geringsten effektiven Dosis eines Protonenpumpenhemmers am sinnvollsten. Der Versuch einer so genannten Step-down-Strategie mit Dosisreduktion oder Gebrauch des Protonenpumpenhemmers nach Bedarf wird jedoch - mit Ausnahme von Patienten mit Strikturen - auch bei erosiver Refluxkrankheit empfohlen.5,6 Die Einnahme nach Bedarf kommt am ehesten für Patienten mit leichteren Schweregraden in Betracht.6 Patienten mit Strikturen sollen auch nach Bougierung Protonenpumpenhemmer kontinuierlich in voller Dosierung einnehmen.5,6

 Die Langzeiteinnahme von Protonenpumpenhemmern, insbesondere in hohen Dosierungen, scheint das Hüftfrakturrisiko zu steigern.

  Der Befund bedarf der weiteren Bestätigung.

  Bei Indikation für eine Langzeittherapie ist die niedrigste erforderliche Erhaltungsdosis anzustreben.

 

1

YANG, Y.-X. et al.: JAMA 2006; 296: 2947-53

 

2

YANG, Y.-X.: Schreiben vom 14. und 16. Febr. 2007

 

3

TEMPLE, R.: JAMA 1999; 281: 841-4

 

4

VESTERGAARD, P. et al.: Calcif. Tissue Int. 2006; 79: 76-83

 

5

NICE: Dyspepsia: Management of dyspepsia in adults in primary care; Aug. 2004; zu finden über: http://guidance.nice.org.uk/CG17/guidance/pdf/English

 

6

Deutsche Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten: Z. Gastroenterol. 2005; 43: 163-4; zu finden über: http://www.leitlinien.net

 
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