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Erhöht Aprotinin die Mortalität nach Bypass? Vor einem Jahr warf die Publikation einer großen Kohortenstudie mit kardiochirurgischen Patienten nach Bypassoperation Sicherheitsfragen zum Proteinaseinhibitor Aprotinin (TRASYLOL) auf, der bei diesen Eingriffen vor hohen Blutverlusten schützen soll. Das Risiko für eine Verschlechterung der Nierenfunktion ist in dieser Studie unter Aprotinin um fast das 2,5fache erhöht (a-t 2006; 37: 23-4). Eine Fallkontrollstudie bestätigt das Risiko im Vergleich zu der in dieser Indikation ebenfalls zugelassenen Tranexamsäure (CYKLOKAPRON; KARKOUTI, K. et al.: Transfusion 2006; 46: 327-38). Jetzt wird eine weitere Auswertung der Kohortenstudie zur Langzeitmortalität mit 3.357 der ursprünglich 4.374 Patienten veröffentlicht, für die vollständige 5-Jahresdaten verfügbar sind. Nach Adjustierung für zahlreiche Störfaktoren errechnen die Autoren ein um mehr als ein Drittel erhöhtes Mortalitätsrisiko für Aprotinin gegenüber Nichtbehandlung (Hazard Ratio 1,37; 95% Konfidenzintervall 1,09-1,73). Für die Hämostyptika Aminocapronsäure (hierzulande nicht im Handel) und Tranexamsäure ist keine Zunahme des Risikos erkennbar (MANGANO, D.T. et al.: JAMA 2007; 297: 471-9). Wie bei der Erstpublikation vor einem Jahr ist die Validität auch dieser Auswertung eingeschränkt: Die Studie ist nicht randomisiert. Die Patienten haben daher zu Beginn unterschiedliche Ausgangsrisiken, die auch durch umfangreiche Adjustierungen nicht vollständig ausgeglichen werden können. Für unbekannte Störfaktoren kann zudem nicht korrigiert werden. Eine eher geringe Risikoerhöhung um das 1,4fache kann bei einer Beobachtungsstudie auch durch "Verzerrung" (Bias) durch derartige Störfaktoren vorgetäuscht sein. Dennoch ist die Arbeit ein wichtiges Risikosignal, das auf eine mögliche langfristige Schadwirkung von Aprotinin hinweist. Gestützt wird die Studie zudem durch zunächst offensichtlich zurückgehaltene firmeneigene Daten einer weiteren Observationsstudie mit 67.000 Krankenberichten (http:// www.fda.gov/cder/drug/InfoSheets/HCP/aprotininHCP.pdf). In dieser unveröffentlichten Studie ist das Risiko für Tod, Nierenversagen, Herzinsuffizienz und Insult unter Aprotinin gegenüber einer Behandlung mit "alternativen Produkten" erhöht (a-t 2006; 37: 110). Obwohl die Existenz dieser Auswertung seit einem halben Jahr bekannt ist, wurden bislang weder von der Firma noch von den Behörden Details veröffentlicht. Angesichts der konsistenten Risikodaten reicht die bislang einzige administrative Maßnahme, die Präzisierung des Anwendungsgebietes und die Aufnahme der Nephrotoxizität in die Fachinformation, nicht aus: Die Anwendung von Aprotinin ist unseres Erachtens auf kontrollierte Studien zur Klärung der offenen Sicherheitsfragen zu beschränken, -Red.

© 2007 arznei-telegramm

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