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Übersicht

THERAPIE DER ALTERSABHÄNGIGEN
MAKULADEGENERATION (II)

In a-t 2007; 38: 3-4 und 13-14 stellten wir Krankheitsbild und Diagnostik der altersabhängigen Makuladegeneration (AMD) sowie die Therapie der trockenen Verlaufsform dar. Im Folgenden beschreiben wir Therapiemöglichkeiten der feuchten Verlaufsform. Der in den Studien gewählte Endpunkt Sehverschlechterung wird definiert als Verlust von mindestens 3 Zeilen (6 Zeilen bei Lasertherapie) auf der EDTRS-Sehtafel. Weitere Definitionen und Erläuterungen siehe Kasten in a-t 2007; 38: 4.

 Laserkoagulation: Die Zerstörung pathologischer Gefäßneubildungen durch Argon- oder Kryptonlaser war die erste wirksame Behandlung der feuchten Makuladegeneration. In mehreren Studien wurde bei Patienten mit extrafovealer,29 juxtafovealer30 oder subfovealer31 Lokalisation der Einfluss der Laserbehandlung auf Sehschärfe und Lesevermögen geprüft. Die Patienten litten bei Studienbeginn unter mäßigen bis erheblichen Sehbeeinträchtigungen. Bei bis zu fünfjähriger Nachbeobachtung verringert die Lasertherapie die Rate der Patienten mit sich verschlechterndem Visus (extrafoveal: 48% vs. 62%29, subfoveal: 22% vs. 47%31).* Die geringe Nachbeobachtungsrate von zum Teil unter 70% schränkt die Validität der Studien jedoch ein.

Im zeitlichen Zusammenhang mit der Lasertherapie vermindert sich zunächst der Visus akut spürbar aufgrund der mit Skotomen einhergehenden Gewebedestruktion. Dies ist besonders bei nahe an der Fovea liegenden (subfovealen) Läsionen wegen der Gefahr erheblicher Sehbeeinträchtigung problematisch. Erst nach neun bis zwölf Monaten beginnen die Behandelten aufgrund der gegenüber Nichtbehandlung langsameren Progression zu profitieren. Bei nahezu jedem Zweiten ist allerdings innerhalb von drei Jahren nach Behandlungsbeginn mit einer unmittelbar fortschreitenden oder rezidivierenden Neovaskularisation zu rechnen.32 Nach aktuellen Einschätzungen eignen sich nur 10% bis 15% aller neovaskulären Schäden für eine Laserbehandlung.4 Der Großteil der Patienten mit altersabhängiger Makuladegeneration hat zu nah an der Fovea gelegene bzw. okkulte oder aufgrund von subretinalen Einblutungen unscharf demarkierte Netzhautschäden, die meist ungeeignet für eine Laserbehandlung sind. So beschränkt sich trotz positiver Studienergebnisse auch bei subfovealem Befall31 die Lasertherapie in der Praxis auf gut abgrenzbare klassische extrafoveale Neovaskularisationen.

 Fotodynamische Therapie: Bei der fotodynamischen Therapie werden zunächst lichtreaktive Substanzen intravenös infundiert. Anschließend wird durch Laserlicht mit definierter Wellenlänge die Entstehung hoch reaktiven Singulett-Sauerstoffs im belichteten Bereich gefördert. Reaktiver Sauerstoff induziert eine lokale Schädigung des Gefäßendothels mit Gefäßverschluss in den belichteten Gebieten, vorzugsweise in pathologischen Gefäßneubildungen. Die verwendeten Lichtquellen sind stark genug, die fotoreaktive Substanz zu aktivieren, sollen jedoch selber das Gewebe nicht schädigen.

Einziger in Europa zugelassener "Fotosensitizer" ist Verteporfin (VISUDYNE; a-t 2000; 31: 84 -5). Er wird für die klassische und die okkulte choroidale Neovaskularisation (CNV) angeboten.33 Bei okkulter CNV muss jedoch ein neu aufgetretener oder sich verschlechternder Befund nachgewiesen sein. Nach Vorgaben des Gemeinsamen Bundesausschusses wird zudem in Anlehnung an die Studienlage bei okkulter CNV ein Visus von mindestens 0,2 und eine Läsionsgröße von maximal 5.400 µm gefordert.34

Wirksamkeitsdaten stammen aus zwei Studienprojekten. In der (in zwei Teilstudien durchgeführten) TAP*-Studie erhalten 609 Patienten mit subfovealer vorwiegend "klassischer" Gefäßneubildung und einem Visus zwischen 0,1 und 0,5 nach Lokalisation mittels Fluoreszein-Angiographie eine intravenöse Infusion mit Verteporfin (6 mg/m2 Körperoberfläche über 10 Minuten) oder Plazebo. Die Läsionen werden dann 83 Sekunden lang mit einem Laser (Wellenlänge 689 nm) bestrahlt. Die Behandlung kann je nach Verlauf alle drei Monate wiederholt werden. Nach einem Jahr und durchschnittlich 3,4 Behandlungen pro Patient bleiben 61,2% der mit Verteporfin und 46,4% mit Plazebo behandelten Patienten ohne Verschlechterung des Visus.35 Dieser Erfolg hat nach zwei Jahren Bestand (53% vs. 38%; Number needed to treat [NNT] = 7).36

*

TAP = Treatment of AMD with Photodynamic Therapy

Unklar ist der Nutzen bei "minimal klassischer" Gefäßneubildung. In der TAP-Studie hat die Subgruppe der Patienten mit diesen Gefäßveränderungen keinen Vorteil von der Behandlung. In der kleinen plazebokontrollierten VIM**-Studie mit 117 Patienten mit minimal klassischen Veränderungen und einem Visus von mindestens 0,1 wird nur für die in einem zusätzlichen Arm geprüfte niederenergetische fotodynamische Therapie (300 mW/cm2 statt der üblichen 600 mW/cm2) ein Nutzen im Vergleich zu Plazebo errechnet.37 Allerdings ist die Studie anfangs ohne formale statistische Auswertung angelegt, diese wird erst nach Verlängerung der Nachbeobachtung im Rahmen einer Protokolländerung eingeführt. Die Aussagekraft ist daher begrenzt.

**

VIM = Visudyne in Minimally Classic Choroidal Neovascularization Study

339 Patienten mit okkulten Gefäßneubildungen (Visus mindestens 0,2) erhalten in der VIP***-Studie entweder Verteporfin oder Plazebo mit nachfolgender üblicher Laserbehandlung. Während nach einem Jahr kein Erfolg nachweisbar ist, verhindert Verteporfin nach zwei Jahren signifikant häufiger eine Verschlechterung der Sehschärfe (46% vs. 33%; NNT = 8).38 Die Wirksamkeit scheint demnach bei okkulter und klassischer Gefäßneubildung nach zwei Jahren vergleichbar zu sein und von klinischer Relevanz. Die Auswirkungen auf die Alltagsfähigkeiten der Patienten und die Lebensqualität bleiben jedoch unklar. Daten zur Mortalität fehlen. Offene Nachbeobachtungen sind publiziert und sollen den fortbestehenden Nutzen belegen.39,40 Sie sind jedoch aufgrund der zunehmend selektierten Population und fehlender Kontrollen ohne Aussagekraft.

***

VIP = Verteporfin in Photodynamic Therapy

Aufgrund der möglichen Fotosensibilitätsreaktionen (2%) sollen nach Behandlung zwei Tage lang Sonnenlicht und helles Kunstlicht gemieden und eine Sonnenbrille getragen werden. Treten bei der Infusion Extravasate auf, muss die Hautläsion fünf Tage lang vor Licht geschützt werden. Mit der Behandlung assoziierte akute schwere, zum Teil bleibende Verschlechterungen der Sehschärfe treten bei 1% bis 4,4% der Behandelten auf,35-38 möglicherweise aufgrund eines intraokulären Anstiegs des endothelialen Wachstumsfaktors VEGF. Auch wenn der Einfluss der Therapie auf Sehverschlechterungen in der Gesamtauswertung positiv ist, müssen Patienten auf die Möglichkeit solcher akuten Ereignisse hingewiesen werden.

Nach Daten aus einer Beobachtungsstudie lassen sich die Erfolge aus den mit Verteporfin durchgeführten Untersuchungen nur bei Beachtung der Einschlusskriterien und des Studienprotokolls reproduzieren. Abweichende Indikationsstellung und ungenügende Nachkontrollen zur Planung der weiteren Behandlung führen zu einem Verlauf, der dem unbehandelter Patienten entspricht.41

 VEGF-Hemmstoffe: Vaskuläre endotheliale Wachstumsfaktoren (VEGF) sind an der Regulation von Gefäßneubildungen und der Gefäßdurchlässigkeit beteiligt und spielen offenbar eine Rolle in der Pathogenese der AMD. Der erste für die Indikation zugelassene VEGF-Hemmstoff ist das Oligonukleotid ("Aptamer") Pegaptanib (MACUGEN). Es bindet spezifisch an den VEGF-A-Subtyp 165 und blockiert dadurch seine Funktion. In zwei identisch angelegten gemeinsam publizierten Studien mit insgesamt 1.186 Patienten mit fortgeschrittener feuchter Makuladegeneration wird der Einfluss auf den Erhalt des Visus überprüft.42 Die Patienten leiden an subfovealer AMD mit mäßiger bis schwerer Sehbeeinträchtigung. Sie erhalten randomisiert entweder 0,3 mg (zugelassene Dosierung), 1 mg oder 3 mg Pegaptanib in den Glaskörper (intravitreal) oder eine Scheininjektion nach identischer Vorbereitungsprozedur. Die Behandlung wird alle sechs Wochen wiederholt. Eine fotodynamische Therapie darf nach Ermessen der Behandler und gemäß jeweils geltender Standards in beiden Gruppen zusätzlich durchgeführt werden.

Nach einem Jahr wird unter 0,3 mg Pegaptanib bei 70% eine Visusverschlechterung verhindert gegenüber 55% unter Scheininjektion (NNT = 7). Weniger Patienten sind nach einem Jahr erblindet gemäß Studiendefinition (Visus unter 0,2: 38% vs. 56%). Eine relevante Visusverbesserung mit mehr als 15 Buchstaben Gewinn auf der Sehtafel erreichen jedoch nur wenig mehr Patienten unter Verum (6% vs. 2%). Die Wirksamkeit der drei Pegaptanibdosierungen ist vergleichbar.

Störwirkungen sind vor allem durch die Injektion bedingt. Häufig kommt es zu Schmerzen (34% vs. 28%) und Glaskörpertrübungen (33% vs. 8%) sowie Entzündungen der vorderen Augenkammer (14% vs. 6%). Endophthalmitis tritt bei 1,3% der Patienten auf. Verletzung der Linse ist bei 0,6%, Ablösung der Retina bei 0,7% der Patienten beschrieben.

Die notwendige Dauer der Behandlung ist unklar. Absetzen nach einem Jahr führt im Vergleich zur Behandlung über weitere zwölf Monate zu erneuter Progression.43

Für den bereits seit Längerem in der Schweiz44 und den USA erhältlichen monoklonalen VEGF-Antikörper Ranibizumab (LUCENTIS) ist die Markteinführung in Deutschland für Mitte Februar 2007 vorgesehen.45 Im Gegensatz zu Pegaptanib blockiert Ranibizumab alle VEGF-A-Isoformen. Drei zulassungsrelevante Studien, von denen zwei veröffentlicht sind,46,47 prüfen den Antikörper bei Patienten mit subfovealer Makuladegeneration und mäßiger bis weit fortgeschrittener Sehbeeinträchtigung. Durch intravitreale Injektionen von 0,3 mg oder 0,5 mg (zugelassene Dosierung) Ranibizumab alle vier Wochen bleibt bei 95% der Patienten (zwei Drittel mit minimal klassischen, ein Drittel mit okkulte Läsionen) in einem Jahr eine relevante Verschlechterung der Sehleistung aus versus 62,2% unter Scheininjektion (NNT = 3).46 Auch der Anteil der Patienten mit Visusverbesserung (mindestens 15 Buchstaben bzw. 3 Zeilen) ist unter 0,5 mg Ranibizumab größer: 33,8% versus 5% unter Plazebo. Patienten unter Verum können nach einem Jahr im Mittel sechs bis sieben Buchstaben mehr auf der Sehtafel erkennen als zu Beginn der Studie.46 Die Vorteile bleiben bei Weiterbehandlung über ein zweites Jahr erhalten.46

Ähnlich sind die Ergebnisse beim direkten Vergleich mit fotodynamischer Therapie bei klassischen Läsionen.47 423 Patienten werden mit Ranibizumab (0,3 mg oder 0,5 mg) oder mit Verteporfin als Fotosensitizer behandelt. Der Visus bleibt bei 96% unter Ranibizumab gegenüber 64% unter Verteporfin erhalten (NNT = 3). Eine Visusverbesserung erreichen 40% unter 0,5 mg Ranibizumab vs. 6% unter Verteporfin.
Bei Verlängerung der Injektionsabstände auf drei Monate nimmt nach Daten aus einer dritten Studie möglicherweise die Wirksamkeit ab. Nach anfänglich verbesserter Sehschärfe unter monatlichen Behandlungen verschlechtert sich diese bei Fortführung der Therapie mit größeren Dosierungsintervallen wieder.48,49

Schwere Störwirkungen sind injektionsbedingte Entzündungen des Auges (Endophthalmitis, ca. 1%) und Uveitis (0,7%). In einem Brief an amerikanische Augenärzte warnt der Hersteller aufgrund von Daten aus einer noch laufenden Sicherheitsstudie mit 5.000 Patienten jetzt vor einem erhöhten Schlaganfallrisiko unter der zugelassenen Dosis von 0,5 mg Ranibizumab (1,2% vs. 0,3% unter 0,3 mg; p = 0,02).70 Ein weiteres Risikosignal für nichtokuläre Störwirkungen ist die erhöhte Blutungsrate sowohl im Vergleich zu Scheininjektion (8,8% vs. 5,5%) als auch gegenüber Verteporfin (6,4% vs. 2,1%).46,47 In der 0,5 mg-Gruppe entwickeln nach zwei Jahren 6,3% der Patienten Antikörper gegen Ranibizumab, deren Bedeutung unklar ist. Nach Subgruppenauswertungen besteht kein sicherer Zusammenhang zwischen Antikörperentwicklung und Therapieerfolg oder Störwirkungen. Allerdings erkranken einige Patienten mit hohen Antikörpertitern an Augenentzündungen.48

Die kombinierte Behandlung von Ranibizumab mit fotodynamischer Therapie erscheint problematisch: In einer kontrollierten Studie mit 162 Patienten bleibt der Visus unter der Kombination zwar häufiger erhalten als bei alleiniger fotodynamischer Behandlung (90,5% versus 67,9%). Die Kombination führt jedoch unerwartet häufig zu Augenentzündungen (11,4%) und Verdacht auf Endophthalmitis (4,8%). Ob die Verlängerung der Abstände zwischen fotodynamischer Therapie und Injektion von Ranibizumab das Entzündungsrisiko senkt, konnte trotz Umstellung des Protokolls in der laufenden Studie nicht ermittelt werden.50

Unklar ist die Langzeitsicherheit aller VEGF-Hemmstoffe: Die blockierten Wachstumsfaktoren besitzen neben Einflüssen auf Gefäßwachstum und -durchlässigkeit zusätzliche neuroprotektive Eigenschaften. Eine dauerhafte Blockade kann nach tierexperimentellen Daten zur Entwicklung einer retinalen Atrophie beitragen.51

Die Einführung von Ranibizumab in Deutschland hat für die Versichertengemeinschaft möglicherweise schwere finanzielle Konsequenzen. Eine Injektionsflasche wird 1.523 € kosten. Bei monatlicher Anwendung bedeutet dies pro Patient und Jahr Kosten von rund 18.276 €.

Für die Patienten ist von Relevanz, dass sie derzeit generell die Kosten für die intravitreale Injektion zu tragen haben (300 € pro Eingriff), da eine entsprechende Abrechnungsziffer auch bei Anwendung zugelassener Arzneimittel fehlt.

 Off-label-Gebrauch von Bevacizumab (AVASTIN): Nicht zuletzt die immensen Kosten für Ranibizumab veranlassen viele Augenärzte, den hierzulande als Darmkrebsmedikament zugelassenen VEGF-Hemmstoff Bevacizumab (AVASTIN) "off label" zur intravitrealen Injektion zu verwenden. Bevacizumab ist die Muttersubstanz von Ranibizumab, das ein Fragment des Bevacizumab ist. Beide haben denselben Wirkmechanismus, das kleinere Ranibizumab soll aber die Netzhaut besser durchdringen. Dem günstigeren Preis für Bevacizumab, den der Patient selbst entrichten muss (bis 444 € für das Medikament; die benötigte Dosis wird aus den zur Krebsbehandlung vorgesehenen Injektionsflaschen entnommen, plus 300 € für den Eingriff), stehen jedoch erhebliche Wissenslücken entgegen: Fallserien52-55 deuten zwar einen möglichen therapeutischen Effekt an. Kontrollierte Studie fehlen jedoch, sodass bisher weder Nutzen noch Störwirkungen der intravitrealen Injektion systematisch erfasst sind. Prospektive Daten über mehr als drei Monate fehlen. Weder optimale Dosierung (angewendet werden 1,25 mg oder 2,5 mg pro Injektion) noch Dosierungsintervalle sind geklärt. Aufgrund der höheren Molekülgröße sind Unterschiede zu Ranibizumab zu erwarten.

Haftungsrechtlich ist die Off-label-Anwendung im Rahmen dieser "individuellen Heilversuche" problematisch. Die Patienten müssen unbedingt besonders umfassend über alle möglichen, auch seltenen Risiken aufgeklärt werden. Dabei wird in der Rechtsprechung ein deutlich strengeres Maß als bei zugelassenen länger bekannten Arzneimitteln angelegt: Aufgrund des geringen Kenntnisstandes müssen Patienten auch über die Möglichkeit bislang unbekannter, unerwarteter Störwirkungen informiert werden.56

Eine Vergleichsstudie mit Bevacizumab und Ranibizumab ist von den US-amerikanischen National Institutes of Health geplant, da der Hersteller Genentech, der die Lizenz für beide Wirkstoffe hält, kein Interesse an einer systematischen Überprüfung hat.57

 Maßnahmen mit fehlendem oder unklarem Nutzen: Glukokortikoide wirken nicht nur antientzündlich, sondern können auch das Gefäßwachstum hemmen. Nach Experteneinschätzung wird in den USA bei der Hälfte der Behandlungen mit fotodynamischer Therapie gleichzeitig ein Kortikoid wie Triamcinolon (VOLON solubile) intravitreal injiziert, obgleich keine Zulassung hierfür vorliegt.2 Das Kortikoid soll die nach fotodynamischer Therapie ansteigende Produktion von VEGF hemmen. In einer kleinen randomisierten Studie mit 61 Patienten kann nur bei einem Teil der Visusmessungen ein Vorteil für die kombinierte Behandlung errechnet werden. Es kommt unter dem Steroid jedoch sehr häufig zu Katarakt (32%) und Erhöhung des Augeninnendrucks (26%).58

Der nach unkontrollierten Daten59 vermutete Nutzen einer Monotherapie mit Kortikoiden auf den Verlauf einer altersabhängigen Makuladegeneration wird in einer randomisierten kontrollierten Studie mit 151 Patienten nicht bestätigt.60,61 Ein Jahr nach einmaliger intravitrealer Injektion von 4 mg Triamcinolon oder Plazebo kommt es in beiden Gruppen in gleichem Ausmaß zu einer Verschlechterung (Triamcinolon 26%, Plazebo 29%) auf der Sehtafel. Es häufen sich jedoch auch hier Katarakte unter dem Steroid: Bei 29% der mindestens ein Jahr nachbeobachteten Patienten unter Triamcinolon ist eine Katarakt-Operation notwendig, unter Plazebo nur bei 5%. Triamcinolon-Injektionen steigern den intraokkulären Druck und machen bei 28% der Behandelten eine drucksenkende Therapie erforderlich (1,3% unter Plazebo).61

Der Kortisolabkömmling Anecortav soll, subskleral als Depot injiziert, ausgeprägt antiangiogenetisch wirken, ohne typische Steroidnebenwirkungen oder antiinflammatorische Eigenschaften zu besitzen.62 Wegen unzureichender Nutzenbelege hat die europäische Arzneimittelbehörde ein negatives Votum angekündigt, der Zulassungsantrag für Anecortav wurde mittlerweile zurückgezogen.63

Radiotherapie soll ebenfalls Gefäßneubildungen verhindern. Die Autoren einer Cochrane-Übersicht halten nach Auswertung von elf kontrollierten Studien eine mäßige Verlangsamung der Sehverschlechterung zwar für möglich. Eine Bewertung ist jedoch aufgrund der Heterogenität und fehlenden Standardisierung nicht möglich.64 Hauptrisiko ist die Katarakt, die bei 2% bis 67% der Behandelten auftritt.65

Auch für Interferone wird eine antiangiogenetische Wirksamkeit angenommen. In einer randomisierten Studie war jedoch der Anteil der Patienten mit Verlust von mindestens drei Linien auf der Sehtafel unter drei unterschiedlichen Interferon alfa-2a (ROFERON)-Regimen nach einem Jahr numerisch höher als unter Plazebo (43% bis 54% vs. 38%).66

Bei der transpupillären Thermotherapie wird mit Hilfe eines niederenergetischen Infrarotlasers bei okkulter Gefäßneubildung eine Erwärmung der Netzhaut herbeigeführt, die die Gefäße verschließen soll. In kleinen randomisierten kontrollierten Studien mit lediglich 2567 bzw. 2868 Patienten lässt sich jedoch kein Vorteil gegenüber Scheinbehandlung feststellen. Eine 2005 auf einem Kongress vorgestellte kontrollierte Studie,69 nach der die Subgruppe der Patienten mit einem Visus unter 0,2 mit einer Visusverbesserung profitieren soll, ist bislang nicht veröffentlicht.

 Die bislang eingeführten Behandlungsmethoden der feuchten Makuladegeneration, einschließlich Laserkoagulation, fotodynamischer Therapie mit Verteporfin (VISUDYNE) sowie dem ersten VEGF-Hemmer (Pegaptanib (MACUGEN), erhöhen die Chance auf Erhalt des Sehvermögens. Verbesserung des Visus ist nicht zu erwarten.

 Die besten Ergebnisse werden mit dem ab Mitte Februar erhältlichen intravitreal angewendeten VEGF-Hemmer (Ranibizumab (LUCENTIS) erzielt: Bei etwa einem Drittel der Patienten ist eine Verbesserung des Visus beschrieben. Die Kosten für das Mittel sind mit 18.000 (/Jahr sehr hoch. Aktuell warnt der Hersteller vor erhöhtem Schlaganfallrisiko unter Ranibizumab.

 Für den Gebrauch des nur in der Krebstherapie zugelassenen VEGF- Hemmers Bevacizumab (AVASTIN) liegen bei Makuladegeneration lediglich Fallserien vor, die eine Beurteilung von Wirksamkeit und Störwirkungen nicht ermöglichen. Die Durchführung einer klärenden randomisierten Studie im Vergleich zu Ranibizumab ist dringend erforderlich.

 
 

 

(R = randomisierte Studie, M = Metaanalyse)

 

2

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