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Therapiekritik

ASTHMA: LANGWIRKSAME BETAMIMETIKA NUR MIT KORTIKOSTEROIDEN

Langwirksame Betamimetika wie Salmeterol (SEREVENT) oder Formoterol (FORADIL, OXIS) sollen nach geltenden Leitlinien bei Asthma ausschließlich als Zusatz zu Kortikosteroiden verwendet werden.1,2 Die Kombination kann die Asthmasymptomatik bessern: Wenn trotz regelmäßiger antientzündlicher Behandlung mit inhalativen Kortikosteroiden Beschwerden fortbestehen, lassen sich nach einer Metaanalyse randomisierter Studien durch Zusatz von Salmeterol Symptomatik, Exazerbationsrate und Bedarf an Notfallmedikation besser beeinflussen als durch Verdoppelung der Kortikoiddosis.3 Ähnliches gilt nach einer randomisierten Kurzzeitstudie über 12 Wochen auch für Formoterol.4 Hier ist die Datenlage jedoch widersprüchlich: In einer weiteren Studie kommt es unter Formoterol zusätzlich zu einer Niedrigdosis Budesonid (PULMICORT u.a.) im Verlauf eines Jahres häufiger zu schweren Exazerbationen als unter Kortikoid allein in vierfach höherer Dosis.5 Vollständiger Ersatz inhalativer Kortikoide durch langwirksame Betamimetika ist nach zwei Studien nicht möglich, ohne dass Exazerbationen zunehmen und das Asthma sich verschlechtert.6,7

Eine aktuelle randomisierte plazebokontrollierte Studie, die Anfang des Jahres wegen signifikant erhöhter Asthmasterblichkeit unter Salmeterol vorzeitig gestoppt wurde, erinnert erneut an die Sicherheitsbedenken gegenüber regelmäßig verwendeten Betamimetika (a-t 2003; 34: 24). In die nach wie vor nicht vollständig veröffentlichte Studie (SMART*) wurden bis zum vorzeitigen Stopp ca. 26.000 Asthmakranke aufgenommen. Im Salmeterolarm sterben 13 von 13.174 Patienten aufgrund ihres Asthmas im Vergleich zu 4 von 13.179 unter Plazebo (asthmabedingte Todesfälle, sekundärer Endpunkt). Bei einem weiteren sekundären Endpunkt (asthmabedingte Todesfälle plus lebensbedrohliche Ereignisse) ergibt sich ein Trend zu Ungunsten von Salmeterol (36 vs. 23 Ereignisse). Der primäre Endpunkt, die Kombination von atemwegsbedingten Todesfällen plus lebensbedrohlichen Ereignissen, unterscheidet sich nicht signifikant.8,9

*

SMART = Salmeterol Multi-Center Asthma Research Trial

Nur 47% der Teilnehmer dieser Studie haben gleichzeitig inhalative Kortikosteroide verwendet. In Subgruppenanalysen ergibt sich ein signifikant erhöhtes Risiko nur für die Gruppe der Afroamerikaner sowie für Patienten ohne inhalative Kortikosteroide zu Studienbeginn. Bei Patienten, die Kortikosteroide inhalieren, soll nach Auskunft des Herstellers GlaxoSmithKline weder ein signifikanter Unterschied noch ein Trend feststellbar sein.9

Die vorläufigen Studienergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit, langwirksame Betamimetika ausschließlich Leitlinien-gerecht zu verordnen. Die Mittel sind keinesfalls Alternative oder Ersatz für Kortikosteroide. Bei Beginn einer Behandlung mit langwirksamen Betamimetika muss die antientzündliche Therapie mit Kortikosteroiden sichergestellt sein, die nicht abgesetzt oder in ihrer Dosis reduziert werden darf. Es wird zudem davor gewarnt, eine Therapie mit langwirksamen Betamimetika bei Patienten mit deutlich oder akut verschlechtertem Asthma zu initiieren,8,10 da in diesen Situationen bei Zusatz von Salmeterol schwerwiegende Komplikationen einschließlich Todesfälle aufgetreten sind.8

Die US-amerikanische Arzneimittelbehörde weist allerdings darauf hin, dass anhand der SMART-Studie nicht hinreichend geklärt werden kann, ob gleichzeitiger Gebrauch inhalativer Kortikosteroide vor dem erhöhten Sterblichkeitsrisiko unter Salmeterol schützt.8 Die Subgruppenanalyse, die diese These stützt, ist nachträglich eingeführt9 und daher mit Vorsicht zu interpretieren. Aus Beobachtungsstudien finden wir zwar keine eindeutigen Hinweise auf erhöhte Asthmasterblichkeit unter Salmeterol. Eine vor zehn Jahren publizierte große randomisierte kontrollierte Studie ließ aber ebenfalls eine numerisch erhöhte Mortalität unter Salmeterol im Vergleich mit regelmäßig inhaliertem kurzwirkendem Salbutamol (SULTANOL u.a.) erkennen. Bei 10 der 14 an ihrem Asthma verstorbenen Patienten soll auch hier die Kortikosteroid-Therapie unzureichend gewesen sein.11** Randomisierte kontrollierte Langzeitstudien, die die Sterblichkeit unter langwirksamen Betamimetika als Zusatz zur lege artis verwendeten Kortikosteroidtherapie überprüfen, erscheinen uns jetzt dringend geboten.

**

Nachvollziehbare Angaben dazu fehlen.

Bei Kindern, die mit inhalativen Kortikosteroiden nicht beschwerdefrei sind, ist weder der Nutzen einer erhöhten Kortikoiddosis noch der zusätzlicher langwirksamer Betamimetika hinreichend erwiesen.12 Die Sicherheit langwirksamer Betamimetika steht aber auch bei Kindern infrage. In einer Studie mit Formoterol zusätzlich zu Inhalationen mit Cromoglizinsäure (INTAL u.a.), Nedocromil (HALAMID, TILADE) oder Kortikosteroiden kommen schwerwiegende asthmabedingte Komplikationen im Verlauf eines Jahres nur unter Verum, nicht aber unter Plazebo vor. Mangelhafte Basistherapie mit inhalativen Kortikosteroiden könnte auch hier zumindest bei einem Teil eine Rolle spielen. 7 der 19 betroffenen Kinder wenden keine Kortikosteroide an, 3 eine Niedrigdosis.13

 Bei fortbestehenden Asthmabeschwerden unter regelmäßiger Kortikoidinhalation lindern zusätzliche langwirksame Betamimetika wie Salmeterol (SEREVENT) Asthmasymptome bei Erwachsenen besser als eine Verdopplung der Steroiddosis.

 Gebrauch von langwirksamen Betamimetika ohne gleichzeitige Kortikosteroidtherapie steigert die Exazerbationsrate bei Asthma und führt zur Verschlechterung der Erkrankung.

 In zwei großen randomisierten kontrollierten Studien ist die Asthmasterblichkeit unter Salmeterol erhöht, möglicherweise wegen unzureichender gleichzeitiger Behandlung mit Kortikoiden.

 Langwirksame Betamimetika dürfen daher gemäß Leitlinien nur als Zusatz zu Kortikosteroiden verwendet werden.

 Die Langzeitsicherheit der Mittel ist dringend zu klären.


© 2003 arznei-telegramm

Autor: Redaktion arznei-telegramm - Wer wir sind und wie wir arbeiten

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