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Endlich - Einschränkungen für Betakarotin-haltige Arzneimittel:Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) plant für Betakarotin-haltige Arzneimittel Maßnahmen zur Risikoabwehr. Produkte, in denen das Provitamin als Hilfsstoff (meist Farbstoff) dient, dürfen demnach künftig nur so viel Betakarotin enthalten, dass bei maximaler Dosierung höchstens 2 mg täglich eingenommen werden. Arzneimittel, die das Karotinoid als Wirkstoff enthalten und deren empfohlene tägliche Höchstdosis 20 mg überschreitet (CAROTABEN u.a.), sind für Raucher dann kontraindiziert. Mittel mit einer maximal empfohlenen Tagesdosis zwischen 2 mg und 20 mg Betakarotin sollen von Rauchern "nicht über einen längeren Zeitraum regelmäßig eingenommen werden". Insgesamt sollen 67 nicht näher bezeichnete Präparate betroffen sein. Das Amt begründet die vorgesehenen Einschränkungen mit "wissenschaftlichen Erkenntnissen über ein erhöhtes Lungenkrebsrisiko und eine erhöhte Mortalität bei Rauchern" und bezieht sich dabei ausdrücklich auf zwei Studien - ATBC* von 1994 und CARET* von 1996 (BfArM: Stufenplanbescheid vom 11. Juni 2003). Zur Erinnerung: In diesen beiden randomisierten doppelblinden Untersuchungen mit insgesamt über 47.000 (ehemaligen) Rauchern und Asbestarbeitern wurde geprüft, ob die Einnahme von täglich 20 mg bzw. 15-30 mg Betakarotin vor Lungenkrebs oder kardiovaskulären Erkrankungen schützt. In der ATBC-Studie erkranken unter dem Provitamin innerhalb von sechs Jahren jedoch 18% mehr Personen an Lungenkrebs (56,3 vs. 47,5/10.000 Personenjahre; Number needed to harm [NNH] = 1.136). Die Gesamtmortalität steigt um 8% (12,7% vs. 11,8%; NNH = 111). Im Betakarotin-Arm versterben mehr Teilnehmer an ischämischer Herzerkrankung, Schlaganfall und Lungenkrebs (The Alpha-Tocopherol, Beta Carotene Cancer Prevention Study Group: N. Engl. J. Med. 1994; 330: 1029-35). In der CARET-Studie erhöht Betakarotin das Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken, um 28% (5,92 vs. 4,62/1.000 Personenjahre; NNH = 769). Die Gesamtsterblichkeit steigt um 17% (4,9% vs. 4,1%; NNH = 125). Die Untersuchung wird nach durchschnittlich vierjähriger Nachbeobachtung vorzeitig beendet (OMENN, G.S. et al.: N. Engl. J. Med. 1996; 334: 1150-5; a-t 1996; Nr. 3: 30 und 1998; Nr. 4: 41). Unverständlich bleibt, warum das BfArM erst jetzt, sieben Jahre später, reagiert. Nach Veröffentlichung der beiden Untersuchungen sah das Amt auf Anfrage zunächst keinen Handlungsbedarf und beurteilte den Kenntnisstand als kontrovers (a-t 1997; Nr. 12: 126). Die geplanten Maßnahmen gelten nur für Arzneimittel. Betakarotin-haltige Nahrungsergänzungsmittel sowie Lebensmittel (z.B. Becker's Bester Frühstücksvitamine Saft: 14,4 mg/l) dürfen dagegen weiterhin ohne Einschränkungen verkauft werden. Ein Verordnungsentwurf für die Verwendung von Betakarotin in Nahrungs(ergänzungs)mitteln sieht pro empfohlener Tagesverzehrmenge eine maximal zulässige Höchstmenge von 2 mg für ernährungsphysiologische Zwecke vor. "Es gibt derzeit aber keine rechtliche Handhabe, Herstellern eine Überschreitung dieser Menge zu untersagen" (Bundesinstitut für Risikobewertung: Schreiben vom 26. Juni 2003).

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