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Therapieempfehung

NACH ELEKTIVEM STENT: CLOPIDOGREL STATT TICLOPIDIN IN KOMBINATION MIT ASS

Der therapeutische Nutzen einer Kombination zweier Thrombozytenaggregationshemmer für zwei bis vier Wochen nach koronarem Stent wurde zunachst mit Azetylsalizylsäure (ASS; ASPIRIN u.a.) plus Ticlopidin (TIKLYD u.a.) belegt.1 Wegen des hohen Leukopenie-Risikos unter Ticlopidin (1%-2%) fand in der Praxis und in klinischen Prüfungen seit seiner Verfügbarkeit ein eher stillschweigender Austausch gegen Clopidogrel (ISCOVER, PLAVIX) statt, das sich chemisch von Ticlopidin ableitet. Nur drei randomisierte direkte Vergleiche zwischen Ticlopidin und Clopidogrel liegen für diese Indikation vor,2-4 alle mit Unterschieden in der Konzeption und methodisch eher von minderer Qualität. Keine der Studien lässt signifikante Vorteile für eines der Mittel erkennen, andererseits war keine auf Nachweis der Gleichwertigkeit angelegt. Seitdem Ticlopidin auch als Generikum erhältlich ist, wird häufiger die Frage gestellt, ob es für die begrenzte Therapiedauer von zwei bis vier Wochen nach elektiven Stents das mittlerweile etabliertere Clopidogrel ersetzen kann.

Eine Metaanalyse wertet die Ergebnisse der drei randomisierten Studien zusammen mit sieben nicht-randomisierten Vergleichen aus US-amerikanischen Registern einzelner Zentren aus.5 Bei nahezu 14.000 erfassten Patienten ist die Rate relevanter kardialer Ereignisse (Tod, Infarkt, Revaskularisation oder Stentthrombose) nach 30 Tagen unter Clopidogrel signifikant geringer als unter Ticlopidin (2,1% vs. 4,0%; p < 0,001). Gleiches gilt für die Sterblichkeit nach 30 Tagen (0,48% vs. 1,09%; p < 0,001). Trotz aller berechtigter Kritik, die gegen die Metaanalyse einzuwenden wäre (Qualität und Heterogenität der Studien; teils historische Vergleiche und unterschiedliche Therapieregime in den Registern u.a.), sollten ihre Ergebnisse ernstgenommen werden, zumal sie durch Adjustierung für verschiedene Heterogenitätsfaktoren nicht verändert werden. Wenn auch die Daten als Beweis für eine überlegene Wirksamkeit nicht ausreichen, scheint die Forderung der Autoren,5 ASS plus Clopidogrel (statt Ticlopidin) bei elektiven koronaren Stents als Standard anzusehen, schon wegen der besseren Verträglichkeit begründet. Einsparpotenziale bei Clopidogrel sollten sinnvollerweise durch Verzicht auf den Gebrauch bei symptomatischer Atherosklerose (z.B. bei der Sekundarprophylaxe nach Insult) und Begrenzung der Einnahme nach akutem Koronarsyndrom auf vier bis maximal zwölf Wochen (a-t 2002; 33: 124-5) ausgeschöpft werden.

Verantwortungslos und inakzeptabel ist unseres Erachtens, dass beide Mittel keine Zulassung zur Nachbehandlung bei elektiven Stents haben und diese von Herstellerseite offensichtlich auch nicht angestrebt wird. Eine Leitlinien-konforme und dem Standard entsprechende Therapie fordert damit bei dieser Indikation von den Ärzten einen systematischen "Off-label-use" der Mittel mit allen potenziellen haftungsrechtlichen Konsequenzen.

 Nach elektiven koronaren Stents sollte Azetylsalizylsäure (ASPIRIN u.a.) plus Clopidogrel (ISCOVER, PLAVIX) für zwei bis vier Wochen als Standard akzeptiert werden.

 Einsparpotenziale für Clopidogrel ergeben sich eher durch Verzicht des Gebrauchs bei symptomatischer Atherosklerose und Begrenzung auf vier bis maximal zwölf Wochen bei akutem Koronarsyndrom.

 Dass für Clopidogrel bei elektiven Stents offensichtlich keine Zulassung angestrebt wird, halten wir für unverantwortlich.



© 2003 arznei-telegramm

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