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Kurz und bündig

Nochmals - Sehnenrisse unter Levofloxacin (TAVANIC) auffallend häufig: Im Mai 2001 warnten wir wegen häufiger Verdachtsmeldungen zu Sehnenschäden unter dem Gyrasehemmer Levofloxacin (TAVANIC; a-t 2001; 32: 56). Im darauf folgenden halben Jahr steigt die Zahl der Berichte an das NETZWERK um weitere sechs auf insgesamt 20, darunter jetzt sechs Meldungen zu Achillessehnenriss und eine zum Riss einer Fingersehne. In Verbindung mit Ofloxacin (TARIVID u.a.) und Ciprofloxacin (CIPROBAY u.a.) liegen demgegenüber neun bzw. sieben Meldungen über Sehnenschmerzen und -entzündung vor, davon jeweils vier mit Achillessehnenriss. Mit der Verordnungshäufigkeit lassen sich die Unterschiede nicht begründen, im Gegenteil: Das auch als Generikum angebotene Ciprofloxacin wird deutlich häufiger verschrieben als das erst seit 1998 erhältliche Levofloxacin. Am 12. Dez. 2001 haben wir daher per blitz-a-t erneut vor der im Vergleich mit anderen Gyrasehemmern auffälligen Gefährdung durch Levofloxacin gewarnt (blitz-a-t vom 12. Dez. 2001*).

Eine Woche später räumt Aventis in einem Rundschreiben an Ärzte erstmals ein, dass nach Markteinführung in Frankreich ein "unerwarteter Anstieg von Fallberichten" zu Sehnenschäden unter Levofloxacin beobachtet wurde und dass deshalb "die dortigen Fachkreise" informiert wurden (Aventis Pharma: Schreiben vom 19. Dez. 2001). Obgleich Levofloxacin auch in den Daten des Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte auffällt mit 118 (53%) von insgesamt 223 Berichten zu "Sehnenveränderungen/Sehnenerkrankungen" bzw. 47 (69%) von insgesamt 71 Berichten zu Sehnenrissen unter Gyrasehemmern (1988 bis Dezember 2001; BfArM: Schreiben vom 8. Jan. 2002), behauptet Aventis, in Deutschland sei "kein Anstieg von derartigen Berichten beobachtet" worden und rechtfertigt so die bisherige Untätigkeit. Eine von Aventis initiierte epidemiologische Studie soll den Verdacht jetzt klären - oder ob die Firma lediglich Zeit gewinnen will?

Ein stärkeres sehnenschädigendes Potenzial von Levofloxacin lässt sich möglicherweise auf die relativ hohe Dosierung zurückführen: Obwohl Levofloxacin die reine linksdrehende Form, also die mikrobiologisch aktive Hälfte von Ofloxacin ist, wird die Dosis nicht halbiert, sondern bis über das Doppelte erhöht - beispielsweise bei Haut- und Weichteilinfektionen mit bis zu 1.000 mg im Vergleich zu 400 mg Ofloxacin. Durch die hohe Dosis soll wahrscheinlich bessere Wirksamkeit gegen Kokken erzielt werden, die bei Ofloxacin unbefriedigend ist.

Die im NETZWERK erfassten Tendopathien unter Gyrasehemmern ereignen sich bei 30 (68%) der 44 Geschädigten innerhalb einer Woche, bei 9 (20%) bereits innerhalb von zwei Tagen nach Einnahmebeginn. Die in den Fachinformationen genannten Risikofaktoren, höheres Lebensalter und gleichzeitiger Gebrauch von Kortikoiden, spiegeln sich nur zum Teil in den uns vorliegenden Berichten wider. Von den 37 Patienten mit Altersangaben sind 17 (46%) unter 65 Jahre alt. Bei 8 (18%) der 44 Patienten wird über zeitgleiche Anwendung systemischer Kortikoide berichtet. Ein großer Teil der Schädigungen lässt sich somit nicht mit bekannten Risikokonstellationen erklären.

Die Ereignisse bekräftigen erneut unsere Zurückhaltung gegenüber Gyrasehemmern, die auch durch bedrohliche zentralnervöse Erregung bis zur Psychose, lebensbedrohliche Kardiotoxizität, Leberschäden, immunallergische Erkrankungen u.a. auffallen. Standardantibiotika wie Amoxicillin (AMOXYPEN u.a.), Makrolide oder Tetrazykline sind gut wirksam und in der Regel besser verträglich (a-t 1999; Nr. 11: 120).

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