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Manipulation - Wyeth hält Studie zu "Pillen"-Risiken zurück: Die Firma Wyeth war bereits 1997 im Besitz einer Studie, die einen deutlichen Anstieg des Risikos tiefer Venenthrombosen unter Einnahme von Kontrazeptiva der dritten Generation belegen soll. Diese Daten wurden nie publiziert und erst 1999 der europäischen Arzneimittelbehörde EMEA überlassen. Wyeth (UK) rechtfertigt die Nichtveröffentlichung: "Die Studie liefert keine neuen wissenschaftlichen Informationen" (VAN HETEREN, G.: BMJ 2001; 322: 571). Firmen erachten wissenschaftliche Daten offensichtlich als Privatbesitz. Unterbleibt jedoch die Veröffentlichung von Negativergebnissen, fallen Auswertungen der zugänglichen Studien falsch positiv aus ("Veröffentlichungs-Bias"; a-t 1996; Nr. 6: 56). Besonders relevant ist dies für den sensiblen Bereich der Risikoabwehr. So konnten 1998 die Hersteller von "Pillen" der dritten Generation beim Verwaltungsgericht Berlin die Aufhebung von Anwendungseinschränkungen für diese Kontrazeptiva durchsetzen. Das "vermeintliche Risiko" sei "reine Spekulation", so die Urteilsbegründung (a-t 1998; Nr. 1: 1-2). Dagegen findet sich der korrekte Hinweis auf die Verdoppelung des Risikos venöser Thromboembolien durch Pillen mit den Gestagenen Desogestrel (in DESMIN, LOVELLE, MARVELON u.a.) und Gestoden (in FEMOVAN, MINULET u.a.) im Vergleich zu Levonorgestrel-haltigen Kontrazeptiva (MINISISTON, MICROGYNON u.a.) inzwischen sogar in den US-amerikanischen Produktinformationen (FDA: MedWatch, April 2000). Nach unabhängigen Untersuchungen erhöhen die Drittgenerations-Kontrazeptiva pro eine Million Anwenderinnen und Jahr das Risiko um 100 tiefe Venenthrombosen, 20 Lungenembolien und 4 Todesfälle (a-t 1997; Nr. 5: 52). Hersteller-gesponserte Studien lassen hingegen kein erhöhtes Risiko erkennen. "Jetzt wissen wir warum," kommentiert ein klinischer Epidemiologe der Universität Leiden: "Unbequeme Studien werden offensichtlich von den Herstellern nicht veröffentlicht"(ROSENDAAL, F., zit. nach WEBER, W.: Lancet 2001; 357: 779). So wurde und wird die negative Risikobilanz der Drittgenerationspillen geschönt (vgl. a-t 1999; Nr. 10: 111 und 2000; 31: 101-2), -Red.

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